Herkunft der Orientteppiche: der persische Teppich
Die frühesten heute noch vorhandenen persischen Teppiche stammen aus dem 16. Jahrhundert. Auf persischen Miniaturen sind aber bereits seit dem 14. Jahrhundert Darstellungen bekannt. Der persische Teppich dieser Zeit war durchweg geometrisch gemustert, meist mit kleinteilig geometrischem Muster (kreuz- oder sternförmig) und mit kufischer Bordüre.
Die Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert brachte spürbare Veränderungen mit sich: Jetzt dominieren Ranken und Medaillons die Zeichnung, ausgeprägt florale Muster entstehen.
Einer der Höhepunkte der persischen Knüpfkunst wurde währen der Herrschaft der Safaviden (1502 – 1722), allen voran Shah-Abbas dem Großen (1587 – 1629), erreicht. Aus dieser Zeit sind einige berühmte Teppichgattungen, wie z. B. die Polenteppiche, heute in Museen anzutreffen.
Ein besonders erwähnenswertes Stück stellt in diesem Zusammenhang ohne Zweifel der sogenannte „Ardebil-Teppich“ dar. Er ist einer der bedeutendsten persischen Teppiche des 16. Jahrhunderts und wurde unter Shah Tamasp I. angefertigt. Er ist 11,50 x 5,34 m groß, mißt also 61,5 m² und besteht aus 32.000.000 Knoten. Er trägt die Inschrift: „Außer deiner Schwelle bin ich in der Welt hier ohne Zufluchtsort. Meinem Haupt ist außer dieser Schwelle auch kein Anvertrauungsort. Verfertigt von dem Knecht der Schwelle Maqsud Kaschani im Jahre 946 (1539/40)“. Der Ardebil-Teppich ist heute im Victoria and Albert Museum in London ausgestellt. Andere berühmte Prachtteppiche dieser Zeit sind z. B. der „Chelsea“, ebenfalls in London zu sehen, oder der „Mailänder Jagdteppich“ im Poldi Pezzoli Museum in Mailand.
Die Vielfalt der persischen Produktion des 16., 17., 18. und 19. Jahrhunderts zu beschreiben ist nahezu unmöglich. Von den klassischen Herat- zu den oppulenten Polenteppichen, von den strengen nordwestpersischen Baumteppichen über die phantastischen Gartenteppiche bis hin zu den geheimnisvoll leuchtenden Farahan, von den Vasenteppichen aus Kerman bis zu den fein gezeichneten Senneh: Jede Provenienz ist individuell faszinierend und begeistert immer wieder aufs neue.
Herkunft der Orientteppiche: der türkische Teppich
Die türkischen Teppiche in heutigen Museumsbeständen sind praktisch komplett während der Zeit des Osmanischen Reiches (1281 – 1924) entstanden. Es wurde von dem Seldschukenvasallen Osman gegründet. Durch die Eroberung Konstantinopels im Jahre 1453 unter Mehmet dem II. wurde es zum Weltreich, das später unter Süleiman dem Großen (1520 – 1566) seine größte Macht und Ausdehnung erreichte.
Viele türkische Teppiche kamen bereits im 16. und 17. Jahrhundert über den Seeweg nach Italien und in die Niederlande. Sie tauchten später auf Gemälden auf und wurden vielfach nach Malern genannt und durch die Datierungen auf Bildern zeitlich klassifiziert. Die bekanntesten Gattungen sind die sogenannten Holbein- und Lotto-Teppiche.
Man findet unter den Osmanen vielfach Gebetsteppiche verschiedenster Art aus Ghördes, Ladik etc., aber auch prachtvolle große, höfische Teppiche wie z. B. die berühmten Medaillon- und Stern-Uschaks. Die Muster bleiben in jedem Fall rein Ornamental und sind eher großflächig. Auch die Knüpfung ist nicht so fein wie bei vergleichbaren persischen Stücken.
Die größte Faszination der osmanischen Teppiche liegt in ihrer Farbigkeit und der Kraft und Ursprünglichkeit ihrer Muster. Die Farben sind leuchtend; häufig trifft man auf klare Hellblautöne, feurige Rot- und prachtvolle Goldtöne.
Die Herkfunft der Orientteppiche: der kaukasische Teppich
Kaukasische Teppiche sind etwa seit dem 15. Jahrhundert bekannt; ihre Blütezeit liegt aber deutlich im 19. Jahrhundert. Aus dieser Zeit stammen auch die meisten heute in Museumsbesitz befindlichen kaukasischen Teppiche.
Die Stücke stammen aus einer Gegend mit wechselvoller Geschichte und uneinheitlicher Besiedelung. In der stark zerklüfteten Landschaft des großen Kaukasus, sowie in Nord-Kaukasien und dem südlichen Transkaukasien, haben sich einzelne Stämme angesiedelt und, zum Teil bis heute, ihre Unabhängigkeit bewahrt. Obwohl sie im Laufe der Zeit erst dem assyrischen, später dem georgischen und dem armenischen Reich angegliedert waren und schließlich einzelne Teilrepubliken der ehemaligen UDSSR wurden, haben sie ihre eigene Kultur immer gepflegt.
Hier leben Azerbaidjaren, Armenier, Georgier, Mongolen, Kurden und Krimtataren. Gesprochen wird Russisch und viele eigene Stammessprachen und Dialekte.
Kaukasische Teppiche zeichnen sich durch besonderen Formenreichtum und große Ausdruckskraft aus. Sie sind in der Regel eher geometrisch und linear gezeichnet, obwohl sich nahezu alle Motive ursprünglich auf florale Ornamente zurückführen lassen. Je nach Herkunft sind die Arbeiten sehr unterschiedlich was Feinheit und Musterung anbelangt, lassen sich aber anhand dieser Merkmale auch recht genau klassifizieren.
Kaukasische Teppiche der Blütezeit sind auch heute noch im Handel zu finden und erfreuen sich daher bei Sammlern nach wie vor großer Beliebtheit.
Die Herkunft der Orientteppiche: der chinesisische Teppich
Ebenso wie die kaukasischen Teppiche haben auch die Stücke aus China ihre Blütezeit im 19. Jahrhundert erreicht. Ältere Exemplare sind meist nur kleinformatig, etwa Möbel- und Schmuckdecken, Wandbehänge, Satteldecken und Säulenverkleidungen. Sie wurden meist aus mongolischer Wolle hergestellt und sind selten fein in der Knüpfung. Stücke aus Seide kommen nur sehr selten vor.
Die Muster chinesischer Teppiche sind absolut charakteristisch: es dominiert, wie auch in der Malerei, der Hang zum Symbolismus. Neben buddhistischen und taoistischen Symbolen werden meist traditionelle mythologische Fabelwesen (Drachen und Phönix), oder auch Natursymbole wie Berge, Wolken, Wellen und florale Motive verwendet.
Die Altersbestimmung chinesischer Teppiche ist, genauso wie die Bestimmung der Herkunft, außerordentlich schwierig und gelingt in vielen Fällen nur bedingt. Die Gründe dafür sind in der Produktion zu suchen: Chinesische Teppiche haben sich im ganzen Land und über längere Perioden hinweg in Musterung und Farbgebung kaum verändert.
Die Stücke üben auf viele Betrachter nach wie vor eine besondere Faszination aus. Es dominieren tiefe Blautöne und weiche Naturwollfarben, bei älteren Exemplaren auch Königsgelb, Grün, Rotbraun, Gold, Silber, Aprikosen- und Lachsfarben, die Muster sind großflächig und sparsam. Besonders angenehm sind auch die taktilen Eigenschaften: Die Wolle ist oft besonders weich und geschmeidig mit einem seidigen Glanz.
Andere Provinienzen von Orientteppichen
Neben den bereits genannten Herkunftsländern, die den Hauptbestand heutiger Museen stellen, gibt es natürlich auch noch eine Reihe von Teppichen anderer Provenienzen. Es würde zu weit führen sie hier aufzuzählen; trotzdem soll kurz auf einige eingegangen werden.
Zur Zeit der Mamluken gab es eine bedeutende Produktion in Ägypten. Die Stücke zeigen als Primärmotive groß angelegte Oktogone, die in ihrer Gestaltung an die Symbolik der Turkvölker erinnern. Sie sind von einer blaugrünen Farbigkeit die einzigartig ist und wurden im 15. und 16. Jahrhundert hergestellt. Eine spätere Ausprägung dieser „Mamluken-Teppiche“ bilden die „Kairener“, oder „Schachbretteppiche“.
Aus Ostturkestan kommen Teppiche, die in ihrer Zeichnung sowohl den chinesischen, als auch den turkmenischen Teppichen verwandt sind. Sie werden als Khotan-, Kaschgar-, Jarkand- oder Samarkand-Teppiche bezeichnet. Seit dem 18. Jahrhundert wurden sie in Wolle und Seide ausgeführt und z. T. mit Gold und Silber brochiert.
In manchen Sammlungen und Museen sind spanische Teppiche zu finden. Sie stammen meist aus dem 15. Jahrhundert und entstanden somit teilweise noch zur Zeit der maurischen Herrschaft auf der spanischen Halbinsel. Sie zeigen häufig Kufi-Borten und kleinasiatische Muster mit heraldischem Beiwerk und wurden später auch durch christliche und höfische Motive bereichert. Bis ins 17. Jahrhundert hinein wurden sie mit einem speziellen „Spanischen-Knoten“, der lediglich einer einfachen Schlinge entspricht, geknüpft, bevor man zum Gördes-Knoten überging.
In Indien wurden bereits im 16. Jahrhundert unter dem Mogul-Kaiser Akbar (1556 – 1605) Teppiche geknüpft, die stark an persische Stücke dieser Zeit erinnern und im Stil der Safaviden gehalten sind. Gleichwohl haben sich durchaus charakteristische Muster und Farben entwickelt.
In der totalen Isolation Tibets im südlichen Zentralasien, dem größten Hochland der Erde, hat sich eine ganz eigene Produktion entwickelt. Die Teppichknüpfkunst wurde, vermutlich durch Handwerker auf der Seidenstraße, schon im 15. Jahrhundert nach Tibet gebracht; die ältesten erhaltenen Exemplare stammen aber erst aus dem 17. Jahrhundert. Dies kann kaum verwundern, da die Stücke so gut wie nie exportiert wurden und so, ähnlich den turkmenischen Stücken, im Eigengebrauch selten die Jahrhunderte überdauerten. Die Muster sind typisch Tibetisch und stammen aus buddhistischen Quellen.
Bei den Turkmenen handelt es sich um eine nomadisierende Volksgruppe, welche seit Jahrhunderten das transkaspische Gebiet zwischen Kaspischem Meer, Amu-Darja, Aral-See, dem nordafghanischen sowie dem nord-ost-persischen Grenzraum bewohnt. Sie besteht aus einer Vielzahl von Stämmen mit eigenen Motiven (Göl), deren bekannteste die Saloren und die Tekke, ferner auch Yomut und Tschaudoren sind. Bei den Saloren handelt es sich um den wohl ältesten turkmenischen Stamm, der genealogisch mit den Tekke verbunden ist – ein gewisser „Toi-Tutmas“ aus dem Stamm der Saloren soll der Stammvater der Tekke sein. Der Hauptstamm der Tekke gliedert sich in zwei große Hauptabteilungen (Otamysch und Tochtamysch), diese wieder in vier Unterstämme. Die frühesten Zeugnisse der Existenz der Salor Turkmenen stammen aus dem elften Jahrhundert. Die Saloren sind, wie die Tekke, ein Nomadenvolk und siedelten gewöhnlich in den Gebieten der Achal-Oase, sowie bei Tedschen und Merv (heute Mary). In den 70er Jahren des 19. Jh. setzte das zaristische Rußland zur Eroberung Süd-Turkmeniens an, die mit der Erstürmung und der Kapitulation der Turkmenen in der Festung Goektepe 1881 und Merv 1883/84 endete. Viele Turkmenen, darunter auch zahlreiche Tekke und Saloren, fanden nach ihrer Flucht im nord-afghanischen und nord-ost-persischen Gebiet neuen Lebensraum. Der Stamm der Salor-Turkmenen wurde vor allem durch seine künstlerisch interessanten und hochwertigen Knüpfarbeiten bekannt, von denen schon Marco-Polo berichtet, sie seien die schönsten der Welt. Die ältesten erhaltenen turkmenischen Teppiche stammen aus dem 17. Jahrhundert und werden manchmal auch als Buchara bezeichnet. Das Kolorit ist überwiegend Rot, Braun und Schwarz, die Zeichnung geometrisch. Es wurden neben Teppichen auch viele verschiedene Taschen und Dekorationsstücke hergestellt. Meist sind die Stücke unmittelbar einem bestimmten Stamm zuzuordnen, da sie charakteristische Haupt- und Nebengöls (Primär- und Sekundärmotive) tragen.